agr-aktuell-64

69 Medien & Veranstaltungen AGR aktuell 2020/64 | Aktion Gesunder Rücken e. V. gemeint sind. Auch sportliche Aktivitäten zäh- len dazu, sofern sie die Gesundheit fördern und sie nicht gefährden oder ihr schaden. Die- ses Verständnis entspricht sowohl der Defi- nition der WHO als auch den EU-Leitlinien für körperliche Aktivität. 1978 empfahlen ameri- kanische Wissenschaftler der Sportmedizin Ausdauer- und Krafttraining mit hoher Intensi- tät an mehreren Tagen in der Woche als effek- tive Maßnahme zur Gesundheitsförderung. Seit den 1990er Jahren belegen immer mehr Studien, dass auch ganz normale Alltags- bewegungen, wie zum Beispiel das Gehen, Gesundheitspotenzial haben. Der gesund- heitliche Nutzen von alltäglicher moderater Bewegung gilt inzwischen als gesichert. Auf dieser Verständnisebene stehen Alltagsbewe- gungen imVordergrund als Empfehlungen für eine gesundheitswirksame Lebensweise. Für den Gesundheitseffekt ist die Bewegungs- intensität bzw. der Energieverbrauch körperli- cher Aktivität über den Ruheenergieverbrauch hinaus von entscheidender Bedeutung. Da die Intensitätsbereiche „Ruhe“ und „sitzendes Verhalten“ kaum und eine „Basisaktivität“ mit „leichtintensiver körperliche Aktivität“ nur wenig Energie verbrauchen, wird Bewegung mit „moderat-intensiver“ bis „hochintensiver“ körperlicher Aktivität differenziert nach Ziel- gruppen empfohlen. So sollen Grundschulkin- der beispielsweise eine tägliche Bewegungs- zeit von mindestens 90 Minuten in moderater bis hoher Intensität erreichen. Dazu zählt un- ter anderem das Zufußgehen mit mindestens 12.000 Schritten pro Tag. Für gesunde Er- wachsene (18–65 Jahre) gilt die Mindestemp- fehlung von fünfmal 30 Minuten pro Woche ausdauerorientierte Bewegung mit mode- rater Intensität oder 75 Minuten pro Woche mit höherer Intensität. Jugendliche wie be- rufstätige Erwachsene sollen lange Sitzpha- sen durch körperliche Aktivität regelmäßig unterbrechen. Weitere differenzierte Empfeh- lungen richten sich an ältere Erwachsene über 65 Jahre und an Erwachsene mit nichtüber- tragbaren Krankheiten (zum Beispiel klinisch stabile ischämische Herzerkrankungen oder nach Schlaganfall). Alle Bewegungsempfeh- lungen werden mit ihrer jeweiligen Wirkung aufdieGesundheit zielgruppenspezifischbe- gründet. Zudem weisen entsprechende Quel- lennachweiseaufweiterführendeLiteraturhin. Die Empfehlungen für Bewegungsförderung basieren auf Forschungsgrundlagen, Evidenz und Qualität und beziehen sich ebenfalls auf die Zielgruppen. Primär geht es den Autor*in- nen um die Förderung bewegungsfreund- licher Verhältnisse in den verschiedenen Lebenswelten. Dafür formulieren sie Informa- tionen zur Bewegungsberatung, zur Vermitt- lung von Wissen über die Zusammenhänge von Bewegung und Gesundheit sowie von Bewegungsmangel und Gesundheitsrisiken, zur Auswirkung auf die soziale Chancenge- rechtigkeit und zur Kostenplanung. Anhand von Beispielen werden die Empfehlungen für Bewegungsförderung für alle Altersgrup- pen dargestellt: So benötigen schon Säug- linge und Kleinkinder in ihrem familiären, häuslichen Umfeld ausreichenden Raum, geeignete Materialien sowie Impulse und bewegungsaktive Vorbilder durch die Eltern für die Entwicklung ihrer Motorik. Auch im weiteren Kindesalter hat die Familie prägen- den Einfluss auf das Bewegungsverhalten der Kinder. In den außerfamiliären Lebenswelten wie Kindergarten, Kita und Schule müssen zum planmäßigen Bewegungs- und Sportun- terricht zusätzliche räumliche und zeitliche Strukturen für Bewegungsanlässe vorhanden sein. Darüber hinaus brauchen Kinder neben ihrem organisierten Freizeitsport noch genü- gend Zeit für unorganisiertes spontanes Spie- len und Toben. Nicht nur Bewegungspädago- g*innen, sondern auch Eltern, Erzieher*innen und Lehrer*innen sollen über die Komplexität kindlicher Bewegungsförderung gut infor- miert sein. Die Bewegungsförderung in den Lebenswel- ten der Erwachsenen setzt an mehreren mit- einander verknüpften Komponenten an, wie die folgenden Beispiele zeigen: In der Arbeits- welt können das eine bewegungsförderliche Umgestaltung der Arbeitsabläufe, Angebo- te für eine aktive Pausengestaltung, eine Rückenschule und/oder Betriebssport sein. In der kommunalen Lebenswelt sollten öffent- liche Plätze und Parks, sichere Verkehrswege und Freizeitanlagen so geschaffen sein, dass die Menschen gern zu Fuß oder mit dem Fahr- rad unterwegs sind. Bewegungssicherheit ist besonders für ältere Menschen eine relevante Begründung, Muskelkraft, Koordination und Gleichgewichtsfähigkeiten als Sturzprophyla- xe unter fachlicher Anleitung zu fördern… Fazit Für einen überwiegenden Anteil der Bevölke- rung, der den Tag mehr sitzend als bewegt verbringt, braucht es konkrete Voraussetzun- gen sowie vielfältige, nachhaltige Anlässe für ein vielseitiges und freudvolles Bewegungs- verhalten. Dieses Heft hält dafür umfassende Ideen, Ansätze und Methoden für die Konzep- tion von bewegungsaktiven und damit ge- sundheitsförderlichen Lebenswelten bereit. Es motiviert zur Schaffung von strukturellen Rahmenbedingungen für zielgruppengerech- te Projekte und unterstützt die fachinhaltliche Maßnahmengestaltung. ' Kontaktinformationen Rezensentin Cornelia M. Kopelsky Freie Fachjournalistin und Fachautorin Service für bewegende Publikationen 55765 Birkenfeld / Nahe www.CMKopelsky.de Publikationen@t-online.de

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