AGR aktuell Ausgabe Herbst 2022

35 Neues aus der Verhältnisprävention AGR aktuell 2022/68 | Aktion Gesunder Rücken e. V. Die Funktionsstörung der äußeren Augenmuskeln wiederum kann durch Aktivitätsstörungen des zentralen Nervensystems infolge von Fehlinformationen aus den Muskeln der Wirbelsäule begründet sein, zum Beispiel bei Bewegungsmangel durch lang sitzende Tätigkeiten oder einseitige Haltungen. Damit können motorische Störungen der äußeren Augenmuskeln sowohl als Ursache wie als Folge von Abweichungen der Haltungsreaktion in Frage kommen. Konvergenz- und Fusionsschwächen (das heißt nicht zur Deckung bringen der Bilder beider Augen) sowie eine Vergrößerung des blinden Flecks im Auge mit einer entsprechenden Einschränkung des Sichtfeldes können die Folge sein. So zeigen sich häufig Besserungen von Konvergenz- und Fusionsschwächen sowie von Sichtfeldeinschränkungen nach der chiropraktischen Beseitigung primärer oder sekundärer Funktionsstörungen der Wirbelsäule, insbesondere der Halswirbelsäule. Bildschirmarbeiter sind Eyemover Wir Menschen sind geborene Headmover. Als Kleinkinder verfolgen wir Objekte vor allem mit Kopfbewegungen und weniger mit isolierten Augenbewegungen. Mit zunehmender visueller Entwicklung reduzieren wir die Kopfbewegung und setzen zielsichere und genauere Augenfolgebewegungen ein. Deutlich zeigt sich hier der Einfluss der Schule auf die Blickmotorik: Zu Beginn des ersten Schuljahres sind laut einer Studie 100 Prozent der Kinder Headmover. Mit der beginnenden Schulzeit und der damit einhergehenden Blickfixierung auf Heft, Buch und Tafel kommt es nur noch selten zu einer Kopfbewegung, sodass am Ende des ersten Schuljahres nur noch 42 Prozent Head- und 58 Prozent Eyemover sind. Dies zeigt den Einfluss von Umweltfaktoren auf die Visuomotorik, welcher unsere moderne Lebensweise mit zunehmend bildschirmgebundenen Arbeitsplätzen weiter begünstigt. Bildschirme verlangen nur noch sehr kleine Blickbewegungen, die rein mit den Augen bei ruhiger Kopfhaltung durchführbar sind. Dies wird mit als Ursache für Nackenbeschwerden und Spannungskopfschmerz verantwortlich gemacht. Sämtliche Nackenmuskeln werden nur noch statisch (isometrisch) als Kopfhaltemuskeln belastet, um einen Fixpunkt für die sich dynamisch auf die Blickziele innerhalb des PC-Bildschirms bewegenden Augen zu bilden. Dies führt rasch zu deren Tonussteigerung mit einer damit einhergehenden ungünstigen Stoffwechselsituation. Es kommt zu muskulären Schmerzen oberflächlicher Nackenmuskeln bis hin zu Spannungskopfschmerzen. In einer Studie an Patienten mit Nacken-Schulter-Beschwerden kamen die Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass die Umstellung des Stereotyps in Richtung Eyemover mit einer erhöhten Erkrankungsprävalenz einhergeht. Bei sportlich aktiven Menschen zeigt sich ein größerer Anteil an Head- denn an Eyemovern. Dies zeigt die Bedeutung körperlicher Bewegung in der freien Natur (weite, breit gestreute Blickziele), insbesondere für Menschen mit bildschirmgebundenen Arbeitsplätzen. Fazit für die Praxis Die visuellen Informationen spielen eine entscheidende Rolle bei der Körperorientierung im Raum. Die Augen- als auch die Wirbelsäulenmotorik sind eng miteinander verschaltet (Visuomotorik) und bedingen sich gegenseitig. Störungen in einem dieser motorischen Systeme können sich im Sinne einer funktionellen Störung auf das andere System auswirken. Bildschirmarbeit fördert eine rigide Kopfhaltung und isolierte Augenbewegungen, was unseremNaturell als Kopfbeweger (Head- mover) entgegenläuft. Deswegen sind folgende Verhaltensweisen gerade für Men- schen an Bildschirmarbeitsplätzen besonders wichtig: { { Regelmäßig die Blickfixierung auf den Bildschirm unterbrechen und den Blick aus dem Fenster in die Ferne schweifen lassen. { { Spätestens alle zehn Minuten den Kopf einmal maximal im schmerzfreien Bereich nach links und rechts drehen, nach oben Richtung Decke schauen und nach unten auf den eigenen Bauch schauen, um die Isometrie der Nackenmuskulatur aufzuheben. { { Zwischen stehender und dynamisch sitzender Arbeitshaltung wechseln (Steh-Sitz- Bildschirmgebundene Arbeitsplätze begünstigen isolierte Augenbewegungen durch das kleine und nahe Sichtfeld auf den PC-Monitor. Deshalb sollten möglichst häufig Bewegungs- und Entspannungsmöglichkeiten genutzt werden.

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