AGR aktuell 65

Medien & Veranstaltungen 70 AGR aktuell 2021/65 | Aktion Gesunder Rücken e. V. >> Psycho-Kardiologie Verständlich auf den Punkt gebracht Cornelia M. Kopelsky I Service für bewegende Publikationen Die Psychokardiologie ist ein noch recht jun- ges medizinisches Fachgebiet. Es befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen Herz- erkrankungen und psychischen Faktoren und arbeitet eng mit der klassischen Kardiologie und der Psychologie zusammen. Denn kein Organ steht so sehr in Verbindung mit emo- tionalen Empfindungen wie das Herz, gilt es doch seit Menschengedenken als Sitz der Seele. Naturwissenschaftlich betrachtet hat das Herz als zentrales Saug- und Pumporgan die Aufgabe, den Körper ein Leben lang mit Blut zu versorgen. Aber bis heute beschreiben Menschen positives wie negatives Gefühls- erleben mit der Befindlichkeit ihres Herzes: „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“, wenn sie nach einer glimpflich endenden Aktion Er- leichterung und Entlastung spüren. „Herzerfri- schend“ ist ein freudiges, vitalisierend wirken- des und „herzergreifend“ ein tief berührendes Erlebnis. „Wünsche von Herzen“ sind ehrlich gemeinte Wünsche. Sich „mit Herzblut“ einer Sache widmen, heißt, sich mit allen Kräften engagieren. „Herzlos“, „kaltherzig“, „harther- zig“ und „engherzig“ stehen für Gefühl- und Lieblosigkeit, Verbitterung, Missgunst und Angst. Verdrängter Ärger zerreißt und eine zu- tiefst gehende Enttäuschung bricht das Herz. In der Tat, eine starke emotionale Belastung kanneinemedizinischernstzunehmendeHerz- erkrankung wie das Broken-Heart-Syndrom auslösen, das mit seinem Beschwerdebild sowie Blut- und EKG-Veränderungen einem akuten Herzinfarkt gleicht. Umgekehrt kön- nen Herzerkrankungen psychisch so stark be- lastend sein, dass die Seele ebenfalls erkrankt. Diese uralten, auf erspürtem Körperwissen beruhenden Menschheitserfahrungen sind gar nicht so mystisch und abwegig und las- sen sich dank moderner physiologischer und psychologischer Stressforschung erklären und für Therapieformen in der Kardiologie differenziert nutzen. Unter Beachtung eines mehrdimensionalen und vernetzten biopsy- chosozialen Geschehens bei Herzkrankheiten vermitteln drei Fachärzte für Innere Medizin mit kardiologischen Schwerpunkten und ein Psychologischer Psychotherapeut in ihrem Buch Grundlagen und Handlungsfelder der Psychokardiologie. Die Autoren wenden sich an interessierte und betroffene Patienten und informieren für medizinische Laien leicht verständlich über psychosomatische Zusam- menhänge und Herz-Seele-Wechselwirkungen sowie Therapieverfahren. Das Buch ist in 17 Kapitel gegliedert und be- ginnt mit einem Überblick über Strukturen und Funktionen des Herz-Kreislauf-Systems. Diesem schließt sich eine Vorstellung der häufigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit Beschreibung der Ursachen, Beschwerde- bilder und Behandlungsformen wie Angina pectoris, Herzinfarkt, Herzklappenfehler, Herzinsuffizienz und Bluthochdruck an. Die nächsten drei Kapitel dienen der psychosoma- tischen Grundlagenbildung, bringen Klarheit in die Begriffsvielfalt der Psychokardiologie und Kardiopsychosomatik und erläutern, wie sich Stress biochemisch auf Körper und Seele auswirkt, welche Symptome auftreten und welche Stressoren und Stressreaktionen für das Herz-Kreislauf-System ein Krankheitsrisiko bedeuten. Es folgen Erklärungen zu Herzerkrankungen, bei denen psychische Faktoren eine auslö- sende oder reaktive Rolle spielen. Die Schilde- rungen von Fallbeispielen (gebrochenes und zerrissenes Herz, akute und chronische Stress- belastung, Herzinsuffizienz und Depression, Anpassungsstörungen nach Herzerkrankung, Genesung und Rehabilitation nach Operatio- nen am Herzen) verhelfen dabei zu einem besseren Verstehen der Seele-Herz- und Herz- Seele-Wechselwirkungen. Ein Kapitel geht nochmals auf den Bluthochdruck ein und ver- anschaulicht den Einfluss der Psyche auf seine Entstehung und Behandlung. Weitere psychi- sche Auslöser und/oder Reaktionen erklären die Autoren bei ungefährlichen, krankhaften und bedrohlichen Herzrhythmusstörungen und nach implantierten Aggregaten (Defibril- lator) und anderen Herzunterstützungssyste- men. So kann das Überleben einer Reanima- tion oder das Erleben eines oder mehrerer Defibrillator-Schocks eine posttraumatische Belastungsstörung zur Folge haben. Bespro- chen werden auch nicht kardiologische Krank- heitsbilder, die sogenannten somatoformen Beschwerden, die Betroffene beunruhigen und ängstigen. Sie sind bekannt unter den Synonymen „Herzangst“, „nervöses Herz“ und „Herzneurose“. Das 17. und mit 66 Seiten das größte Kapitel zeigt von der ambulanten psychokardio- logischen Versorgung bis zur stationären psychokardiologischen Komplexbehandlung im akuten und rehabilitativen Stadium die vielen Therapiemöglichkeiten auf. Beschrie- ben werden Grundlagen, Verfahren und Wir- kungsweise zum Beispiel der Psychotherapie Rainer Schubmann, Silke Eckelt, Sebastian Hermes, Boris Leithäuser: Psycho-Kardiologie Kompakt – Verständlich auf den Punkt gebracht 232 Seiten, 20 Abb., Spitta Verlag, Balingen 2019 ISBN 978-3-946761-72-3 Preis: 14,80 €

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2Mzcy