Fernlehrgang Leseprobe

270 AGR Fernlehrgang | Von der Verhaltens- zur Verhältnisprävention | Auflage 9, 2024 13.3.2 Argumente für den Einsatz von instabilen Unterlagen in der Haltungs- und Bewegungsschulung Propriozeptive Bewegungssteuerung des Fußes Bei der propriozeptiven Bewegungssteuerung spielt der Fuß eine Schlüsselrolle. Impulse von den Mechano- und Propriozeptoren der Fußsohle sind verantwortlich für die Aktivierung der Fußmuskulatur und sichern die funktionellen Gelenkachsen. Eine Störung der kinästhetischen Steuerung des Fußes bedingt aufgrund einer verminderten (afferenten) Informationsweiterleitung eine Aktivitätsänderung innerhalb der gesamten Muskelkette. Diem (1979) beschreibt diesen funktionellen Zusammenhang folgendermaßen: „Neurologische Untersuchungen zeigen, dass die Reizung der Rezeptoren der kurzen Zehenmuskeln sich reflektorisch auf die Kräftigung der Rückenmuskeln auswirkt: Beim Menschen wirken die Dehnungsrezeptoren der Fußmuskeln und die Druckrezeptoren der Haut entscheidend in die Haltungsregulierung des Rumpfes ein ...“. Das propriozeptive Training auf dem Balancekissen unterstützt die Stimulation von Mechano- und Propriozeptoren in den Gelenken. Verstärkte Innervation der autochthonen Muskulatur Beim beid- oder einbeinigen Stand auf instabilen Unterlagen ergibt sich eine Standsituation, die eine 13.3 Übungsgeräte schaffen instabile Unterlagen 13.3.1 Die Bedeutung Unsere Körperhaltung wird von den Füßen her aufgebaut, die in erster Linie für dynamisches Gehen und weniger für ermüdendes statisches Stehen konstruiert sind. Im Verlauf einer langen phylogenetischen Entwicklungsreihe haben sich beim Menschen die Füße zum Stütz- und Fortbewegungsorgan, zum mobilen „Stoßdämpfer“ und rigiden „Abstoßhebel“ herausgebildet. Die in sich federnden Längs- und Quergewölbe werden durch Muskel- und Bänderkraft gegen die Schwerkraft aufrecht gehalten. Die spezielle Anatomie der Füße verleiht ihnen in hohem Maß die notwendige Elastizität, Beweglichkeit und Belastbarkeit. Veränderungen an den Füßen haben Auswirkungen auf die Körperstatik und somit auf die Haltung und umgekehrt. Fußfehlformen und Fußschwächen lösen eine Kettenreaktion von funktionellen Veränderungen in den nachfolgenden Gelenken aus (UrsacheFolge-Ketten). So bewirkt das Absinken des mittleren Längsgewölbes eine Rotation des Unterschenkels nach innen. Die Beinachse zeigt eine vermehrte Valgisierung im Kniegelenk. Das Becken reagiert mit vermehrter Kippung, was eine verstärkte Lendenwirbelsäulen-Lordose zur Folge hat. Das Absinken des inneren Fußgewölbes ist somit verantwortlich für eine Verlagerung des Körperschwerpunktes nach ventral. Folglich muss die Rückenmuskulatur mehr Haltearbeit leisten, um den Körper im Gleichgewicht zu halten. Muskuläre Dysbalancen mit akuten, später chronischen Rücken- und Fußbeschwerden können ausgelöst werden. (vgl. Nepper, 1993; Tittel, 2003). Deshalb kommt nach Tittel (2003) von Kindheit an allen präventiven aktiven Maßnahmen zur Kräftigung der Unterschenkel- und Fußmuskulatur – hier vor allen der Zehenbeuger – eine vorrangige Bedeutung zu. Haltungsschulende und haltungsverbessernde Verfahren können nur über den Fuß erarbeitet werden. Die hier vorgestellten Übungsgeräte zielen auf die Intensivierung der Fußfunktionen und die Verbesserung der propriozeptiven Fähigkeiten (Tiefensensibilität) ab. Intensives Training in Stand-, Bauch- und Rückenlage für Rehabilitation, Fitness und zu Hause.

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