Fernlehrgang Leseprobe

231 AGR Fernlehrgang | Von der Verhaltens- zur Verhältnisprävention | Auflage 9, 2024 Ausnutzung des Körpergewichts, wie zum Beispiel bei der Bearbeitung von Materialien oder schweren Montagearbeiten, sind niedrige Arbeitshöhen günstig. Der Arbeitsplatz darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern er ist oft nur ein Teil eines komplexen Arbeitssystems. So können Rollbänder, Regalsysteme, besonders großes Arbeitsgut, wie zum Beispiel Rohre, Stangen, Platten, Behälter und Pakete, die Gestaltungsmöglichkeiten begrenzen. Die Arbeit mit elektrostatisch gefährdeten Bauelementen, beispielsweise elektronischen Bauelementen, erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen. Diese Elektronikprodukte dürfen nur an elektrostatisch geschützten Arbeitsplätzen verarbeitet werden. Die Arbeitsmittel werden als ESD-tauglich beschrieben (Electrostatic Discharge). ESD-Arbeitsplatzsysteme besitzen eine ableitfähige Tischoberfläche und ableitfähige Ablagebereiche. ESD-Stühle minimieren die Aufladbarkeit einer Person beim Aufstehen und erden zusätzlich eine Person bei sitzenden Tätigkeiten. Der Arbeitsplatz wird oft von unterschiedlichen Personen besetzt. Daher müssen bei seiner Gestaltung die unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnissen dieser Personen berücksichtigt werden. 11.1.3 Von der klassischen, produktspezifischen Ergonomie zur System-Ergonomie In Bezug auf die gezielte Vermeidung arbeitsplatzbezogener Muskel-Skelett-Erkrankungen werden ergonomische Anforderungen im Rahmen der Prävention gefordert. Das Technische Komitee Ergonomie der Internationalen Standard Organisation (ISO) definiert die Ergonomie sehr umfassend. Definition „Die Ergonomie erarbeitet und verarbeitet humanwissenschaftliches Wissen mit dem Ziel, eine Anpassung von Arbeit, Arbeitssystem und Umgebungen an die physischen und psychischen Fähigkeiten des Menschen herbeizuführen und damit Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden sicherzustellen, indem gleichzeitig die Leistungsfähigkeit erhöht und das Arbeitsergebnis verbessert wird.“ Ergonomie hat damit zwei Zielrichtungen: 1. Humanität: Gestaltung beeinträchtigungsfreier und gesundheitlich unbedenklicher Arbeitsbedingungen. 2. Produktivität: Erhöhung von Qualität und Rentabilität. Diese Ziele sind aber nur dann zu erreichen, wenn man sich nicht nur mit der ergonomischen Gestaltung und Funktion der Einzelkomponenten des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingungen zufriedengibt, sondern immer das Ganze im Auge hat. Grundanliegen ist also die Anpassung der Arbeit an den Menschen durch die Gestaltung des Arbeitssystems, bestehend aus Arbeitsplatz, Arbeitsraum, Arbeitsmittel, Umgebungsbedingungen und die Gestaltung der Organisation der Abläufe. Kein Mensch gleicht dem anderen. Alter, Geschlecht, Veranlagung, Fähigkeiten, Konstitution, Bewegungsbedarf und viele weitere Eigenschaften sind verschieden. Deshalb sollte die Arbeit so gestaltet werden können, dass wechselnde Körperhaltungen sowie weitere Anteile der individuellen Bewältigung von Arbeitsaufgaben optimal aufeinander abgestimmt sind. Es gilt nach wie vor, dass ein Arbeitsplatz nur so gut ist wie sein schwächstes Glied oder die schwächste Schnittstelle zwischen den einzelnen Gliedern. Das Der Industriearbeitsplatz lässt sich mit allen Komponenten individuell einstellen. Die Arbeitssituation wird ergonomisch an den Menschen angepasst. Tipp

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